Klein, aber oho! Micro-Campaigning

Neben Microinfluencern und Microtargeting gibt es auch noch die Micro-Kampagnen. Wir haben für euch hinterfragt, ob größer automatisch besser und erfolgreicher ist oder ob man im „Kleinen“ auch Stärke entwickeln kann.

Abseits budgetärer Realitäten hat Micro-Campaigning etliche Vorteile, die für Marketer wesentlich sind. Stellt euch das ein bisschen so vor, als ob ihr mit Lupe und Pinzette arbeitet. Ihr seid genauer, näher dran, persönlicher und schafft damit, das eigene Image in selektierten Communities – die nicht über 20.000 Personen hinausgehen – stärker zu verankern. „Selektiert“ meint in diesem Zusammenhang entweder in demografisch oder lokal ausdefinierten Parametern. Gerade in Interessensgemeinschaften, Initiativen oder der Lokalpolitik sind solche Micro-Campaigns wichtig. Aber was sind die Vorteile?

Nähe

In Zeiten, in denen man als Marketer näher heran muss, ist die persönliche Ansprache möglicherweise DER emotionale Vorsprung. Dazu muss man jene Botschaften, die im Micro-Bereich arbeiten, gezielt abstimmen und die Dinge so spezifischer, greifbarer und authentischer machen.

Wer Mikro-Kampagnen einsetzt, um sich speziellen Zielgruppen anzunähern, der kann ganz gezielt sein Image stärken, Bedürfnisse exakter ansprechen und einen vitalen Austausch anstoßen. Die Lebenswelten der Marke und der Menschen rücken deutlich näher und man holt „die Menschen da ab, wo sie sind.“

Aufschlussreichtum

In einem kleinen Raum lässt es sich gut testen und lernen. Mikro-Kampagnen sind daher auch ein guter Rahmen, um Themen, Botschaften, Visuals und Maßnahmen auszuprobieren, bevor man diese größer ausrollt. Dabei sollte man aber im Hinterkopf behalten, dass nicht alle Maßnahmen auch wirklich im Kleinen greifen. Aber man bekommt wertvolle Einblicke und kann – sofern man dies beabsichtigt – etliche Schlussfolgerungen für größere Kampagnenflights skalieren.

Wie setze ich es auf?

Die üblichen Säulen der Kampagnenplanung gelten auch bei Mikro-Kampagnen. Sobald Ziel und Zielgruppe definiert sind, geht es an die Analyse. Hierbei gibt es Sonderpunkte, die analysiert werden sollten:

Die Story: Gibt es im definierten Mikro-Raum Vorwissen, Konventionen zum Thema oder auch zu den Initiator*innen der Kampagne? Was ist (potentiell) eine gemeinsame Geschichte? Welche Elemente könnte man im Storytelling nutzen? Braucht es mehr Erläuterungen, wenn noch nicht viel Vorwissen vorhanden ist?

Die Struktur: Die Frage nach strukturellen Gegebenheiten ist wichtig. Wurden bereits Gemeindezeitungen, Messenger, WhatsApp Gruppen, regelmäßige Treffen o.Ä. aufgesetzt? Dies wären lokal nutzbare Ressourcen. Wenn man die demografische Ebene betrachtet, dann können Hashtags, Events oder Gruppen hilfreich sein. Was soll bzw. kann beworben werden? Was muss organisch funktionieren?

Die Partner: Meinungsführer*innen in Themenfeldern oder Räumen bekommen gerade bei Mikro-Kampagnen besondere Schlagkraft. Als Multiplikator*innen kann man sie in Kampagnen berücksichtigen, mit ihnen Kooperationen eingehen und sie im besten Falle aktivieren.

Alles in allem sind Mikro-Kampagnen oft eine unterschätzte Option bei der Kampagnenführung und sicherlich – aufgrund eines ähnlich hohen Arbeitseinsatzes wie bei „großen“ Kampagnen – vorher gut durchzudenken.

Aber ihre Effektivität für Themenplatzierungen, Produktlaunches, aktivistische Themen und Image Branding sprechen deutlich dafür, gerade jetzt in das Ausspielen eher kleinerer, präziserer Botschaften zu investieren. 

Blocking hate

Was macht es mit RezipientInnen und KonsumentInnen, wenn der politisch einflussreichste Mensch des Planeten seine Mitmenschen tagtäglich als Lügner bezichtigt, aber selbst der Wahrheit nicht so zugetan ist? Und was tut dies mit Markenkommunikation? Sich manipulativ der Medien zu bedienen ist in der Politik zum daily business geworden. Auch umgekehrt nehmen etliche Medienhäuser sämtliche Populisten ins Visier. Emotionsgeladene Kommunikation dominiert.

Unabhängig davon, ob der amtierende U.S.-Präsident wiedergewählt wird, hat er bereits das Wesen der Öffentlichkeitsarbeit, des politischen „Marketings“ und der Wahrnehmung von Kommunikation nachhaltiger verändert als viele andere Populisten vor ihm. Polarisierung, Fake News und Eskalation sind zu einem traurigen Standard in der Kommunikation geworden. Wir finden, dass das eine bedauerliche, aber keine umkehrbare Entwicklung ist.

Neue Leitbilder

Nur jeder Fünfte ist der Meinung, dass unsere Wirtschafts- und Sozialsysteme für den Einzelnen/die Einzelne einsteht (siehe Edelman Trust Report). Tatsächlich glaubt die Mehrheit der Bevölkerung nicht daran, dass sich ihre Lage in den nächsten fünf Jahren verbessern wird.

Die Generation der Millennials ist deutlich pessimistischer, als es andere Generationen zuvor waren. Weniger als ein Viertel rechnet damit, dass sich ihre Situation im kommenden Jahr zum Besseren wendet. Vertrauen schaffen ist also wichtiger denn je geworden.

Dass Dialoge aufgrund dieser Missstände deutlich „konfrontativer“ geführt werden, liegt auf der Hand. Es scheint deutlich stärker um Abgrenzung, Ausgrenzung und Polarisierung zu gehen, welche – wenn sie von Menschen mit Einfluss betrieben wird – für alle anderen fast schon automatisch zu einem Leitbild werden. Die Schamgrenze sinkt. Der Provokationslevel steigt – gerade bei Menschen, die Angst haben, etwas zu verlieren.

Diese Entwicklung ist einer der Gründe, warum im Marketing die Suche nach dem „Purpose“ so sehr vorangetrieben wird. Marken müssen nun politischen Raum einnehmen, Leuchttürme werden, wo Desorientierung aus Sicht der RezipientInnen herrscht und nur mehr provokante Kommunikationsimpulse statt politischer Willensbildung stattfinden.

Eine durchaus neue Rolle für Marketer, die nicht leicht zu handhaben ist. Denn: Jede Meinung ist subjektiv und findet durchaus rasch auch ihre Gegner. Vor dem vernebelten Hintergrund der widersprüchlichen, irritierenden politischen Kommunikation und Entscheidungen, ist diese neue Rolle vom Marketing mit Verantwortung beladen.

Aber woran soll man sich orientieren?

Was für Marketer längst state-of-the-art ist, ist für die Politik nun mehr als bisher richtungsweisend. Fokusgruppen und Umfragen sind für die meinungsüberspitzten Populisten das, was ihre Agenda zusammenhält.

Für Marketer wird zur öffentlichen Meinung mehr und mehr die „Marktforschung“ in den eigenen Reihen wesentlich. Ein deutlich spürbarer Treiber eines veränderten Marken-Eigenbildes sind zunehmend MitarbeiterInnen. Laut dem Edelman Trust Barometer 2019 vertrauen 75% der Befragten darauf, dass ihre Arbeitgeber das Richtige tun – mehr Vertrauen, als der Arbeit von Regierungen, Medien oder der Wirtschaft generell geschenkt wird.

Was dieses Vertrauen bedeutet: MitarbeiterInnen erwarten von ihren Arbeitgebern, dass sie Dinge besser machen. Da tauchen Themenfelder wie etwa Gemeinwohl, Talententwicklung, Diversität und Inklusion auf. Und: So manche Unternehmen reagieren darauf. Sie sind die, die gewissenhaft Informationen zusammenstellen, Prozesse verbessern und Projekte für die Allgemeinheit lancieren und stellen damit einen Gegenpol zur Pop-Up-Politics Seite dar. Bleibt nur zu hoffen, dass sie dies auch mit ehrlichen Absichten tun. Denn, um Gary Vaynerchuck zu zitieren: “The best marketing strategy ever: CARE!”

Also orientieren wir uns im Marketing an dem, was gelöst werden muss, was das Leben der Menschen und unserer Umwelt nachhaltig verbessert und was Fehlentwicklungen wieder umkehren könnte.

Gezielt den richtigen Mix einsetzen

Wir freuen uns sehr, mit Ursula Riegler (Coca Cola HBC) am 29.4. das Podium bei unserem Event im ORF zu komplettieren. Seit Jahren ist sie als Kommunikationsexpertin für große Marken tätig. Ursula Riegler hat unseren Fragebogen in ihrer ganz eigenen Art beantwortet.
Seht selbst 😉 :

Die Herausforderung, das Markenerlebnis bei „analogen“ Produkten – wie Getränken – digital zu ergänzen, ist sicherlich eine Besondere. Das gilt für alle unsere Marken, von Römerquelle über Kinley Kräuter Kracherl genauso wie für Coca-Cola.

Etwas Kennen alleine verkauft noch kein Produkt.

Bei Coca-Cola sprechen wir in Österreich von einer Total Brand Awareness von 99%. Soweit so gut. Man kennt uns am (heimischen) Markt. Aber „Kennen“ alleine verkauft noch kein Produkt. Und – teuflisches Detail: Man ist – wie viele andere – über Jahrzehnte eine erfolgreiche Marken und damit konfrontiert, dass junge Generationen nachkommen, die die „automatische“ Markenliebe nicht mehr entwickeln.
Das ist für uns der Ansatzpunkt für die digitale Ergänzung des Markenerlebnis.

Wir müssen auch die Brand Coca-Cola immer wieder weiterentwickeln und durch gezielte Segmentierung bestehende aber auch künftige Konsumenten ansprechen. Dabei gilt für uns eine selbst auferlegte Beschränkung – unter 12jährige werden nicht angesprochen.
Die (digitale) Brandkommunikation beginnt bei uns im älteren Teenager-Alter. Kooperationen mit Influencern, die zur jeweiligen Marken-DNA passen, in Kombination mit starken Brand Social Media Profilen, eigenen Online-Plattformen (Journey) https://www.coca-cola-oesterreich.at/ und einer neuen App, „Stories“, die in diesen Tagen gerade live geht.

In der Messung von Effektivität und Effizienz sehen wir sehr klar, dass diese Brand-Aktivitäten ganz klar in den wirtschaftlichen Erfolg der Marken einzahlen. Die Zeit von Digital und Social als „netten“ Ergänzungen sind lange vorbei. Interessant ist vielleicht, dass wir in den österreichischen Zahlen eine Besonderheit sehen: Der ROI aus der Kooperation mit Influencern ist einzigartig hoch. Ähnlich wie die Kraft des Plakats im analogen Bereich.

Wir suchen gezielt den richtigen Mix aus offline- und online-Aktivierungen, digitale Aktivitäten führen etwa in ein analoges Offline-Markenerlebnis über. Und – digital ist für uns stark geprägt vom Gedanken der Zweiweg-Kommunikation, nur so wird das in die Marke positiv einzahlen. Etwa, indem unsere Fans mitbestimmen, welche Geschmacksrichtungen wenige Monate später gelauncht werden.

Die Brand Coca-Cola ist 133 Jahre alt.
Davon bereits 90 Jahre in Österreich.
Das ist in Marken-Alter gedacht schon sehr, sehr alt.
Indem wir die Relevanz der Marke immer wieder neu aufladen, bleibt sie dabei jung.

Wer mehr darüber erfahren will und den direkten Austausch mit unseren Experten, wie Ursula Riegler, Evelyn Herl, Manfred Gansterer sucht, ist gerne eingeladen, sich für unsere Veranstaltung am 29.4.2019 zum Thema „Markenführung in einer digitalen Welt“ anzumelden. Hier sind die Infos!

Eine starke Marke ist als Orientierung für den Kunden wichtiger denn je

Um „Markenführung in einer digitalen Welt“ geht es bei unserem nächsten Event am 29.4. im ORF-Zentrum. Einer der Podiumsteilnehmer ist Manfred Gansterer (FUTURA GmbH, ÖMG-Vorstandsmitglied), der uns aufgrund seiner langjährigen Erfahrung in diesem Interview zeigt, ob Kunden markentreu sind, welche KPIs für ihn wichtig waren und ob Markenführung im Retail relevant ist.

Frage: Du hast sehr lange im Retail-Marketing gearbeitet. Wie ist es dir gelungen, die Marken MediaMarkt und Saturn in die digitale Welt zu führen?

Gansterer: Ich habe 59 % meines Lebens im Einzelhandel gearbeitet, zuerst als Trainee, dann als Filialleiter, dann 22 Jahre als Marketingleiter. In dieser Zeit haben sich die Ansprüche des Kunden und sein Mediennutzungsverhalten radikal geändert. Die Möglichkeit, online einzukaufen, hat den Handel stark durcheinandergewirbelt. Der nächste Mitbewerber ist nur mehr einen Mouseclick entfernt, die Logistik der online Pure Players wird immer ausgefeilter. Als stationärer Händler besteht die einzige Chance darin, die reale und digitale Welt optimal zu verknüpfen und dem Kunden alle Einkaufsmöglichkeiten zu bieten: online recherchieren – stationär kaufen, online kaufen – im Geschäft abholen, online gekaufte Ware im Geschäft umtauschen, stationäre Einkäufe zum Wunschtermin nach Hause liefern lassen. Das wird gerne unter dem Buzzword Multichannel oder Omnichannel Retail zusammengefasst. Dem Kunden ist das total egal, er will einfach möglichst bequem einkaufen, und zwar wie es ihm gerade gefällt.

Frage: Wie sieht es mit der Markentreue der Kunden heute aus?

Gansterer: Aufgrund der starken Zunahme der Einkaufs- und Recherchemöglichkeiten hat diese stark abgenommen. Der Konsument ist heute hyperinformiert, wir alle können theoretisch fast alle relevanten Informationen zur Kaufentscheidung in Echtzeit mit dem Smartphone abrufen. Theoretisch kann der Konsument auf der ganzen Welt einkaufen. Er wird es eher bei einem Anbieter machen, dem er vertraut und wo er bereits gute Erfahrungen gemacht hat. Aber der Anbieter muss sich dieses Vertrauen Tag für Tag neu erarbeiten.

Der Konsument ist heute hyperinformiert.

Frage: Wie hast du den Erfolg in der Markenführung im Retail gemessen, was waren deine KPIs – digital wie analog?

Gansterer: Die wichtigste Kennzahl im Retail ist natürlich der Umsatz.  Der ist natürlich auch von anderen Faktoren (Verkaufspreise, Warenpräsentation, Warenverfügbarkeit, Mitarbeiter vor Ort, stabile technische Systeme, gute UX auf der Website und im Shop, etc.) abhängig. Daher war für mich die Kundenfrequenz eine sehr wichtige Kennzahl, und zwar in den Märkten, auf der Website und in den eigenen Medienkanälen.

Den Einfluss von Marketingmaßnahmen auf den Umsatz habe ich mit Datenmodellen gemessen. Dabei wurde analysiert, welchen Anteil am Gesamtumsatz Marketing generell hat, welcher Kommunikationskanal wie viel zum Umsatz beiträgt, wie hoch der Return on Investment von Marketing gesamt und pro Kanal ist und wie der optimale Mediamix für maximalen Umsatz aussieht.

Frage: Welchen Stellenwert nimmt Markenführung im Retail ein?

Gansterer: Eine starke Marke ist wichtiger denn je, um dem Kunden Orientierung im Dickicht der Angebote zu bieten. Die wichtigste Währung in der Markenkommunikation heute ist Relevanz. Der Kunde erwartet sich für ihn interessante Informationen entlang der Customer Journey, und die sind in der Inspirationsphase ganz andere als knapp vor dem Kauf, wo dann der Preis recherchiert wird. Wir hinterlassen eine breite Datenspur durch unser Surfverhalten, Marketer müssen sich an diesen Daten orientieren und relevante Botschaften zum richtigen Zeitpunkt an den interessierten Konsumenten liefern.

Was sich nicht geändert hat, ist, dass Marken ihre kommunizierten Versprechen auch in jedem Bereich analog und digital einhalten müssen. Das ist die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Kundenbindung

Anmeldungen für „Marken im digitalen Raum“ sind noch möglich!